Halle/Berlin (dts) – Der Chef des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung, Reint E. Gropp, drängt die zukünftigen Regierungsparteien zu umfassenden Reformen.
„Nach der Ampel-Regierung wird die Große Koalition den Reformstau, der sich angehäuft hat, endlich mutig angehen müssen“, sagte er dem Fernsehsender ntv. Er erhofft sich unter anderem Bürokratieabbau und grundlegende Veränderungen des Rentensystems. Es seien „grundlegende Reformen“ gefragt, so Gropp. „Wir sprechen hier nicht davon, dass die Rentenformel ein bisschen angepasst werden muss. Es geht um grundsätzliche systemische Veränderungen.“
Problematisch sieht Gropp bei einer wahrscheinlichen Koalition von Union und SPD einen Kompromiss zur Reform des Rentensystems. „Wir wissen schon lange, dass die gegenwärtigen Renten in der Form nicht finanzierbar sind. Beziehungsweise dass es, wenn wir sie konstant halten wollen, zu unglaublichen Erhöhungen der Rentenbeiträge führen würde. Das heißt: Wir müssen auf mehr Eigenverantwortung setzen. Das widerstrebt der SPD zutiefst und es würde auch tatsächlich ein bisschen ihren Wahlversprechen widersprechen.“ Dem Ökonomen schwebt ein Kapitaldeckungsverfahren vor, bei dem die individuelle Rente auch durch private Anlagen gedeckt wird.
Einen schnellen Kompromiss erwartet der IWH-Chef hingegen für ein weiteres Bundeswehr-Sondervermögen. Gute Chancen gibt es seiner Einschätzung nach auch für eine Reform der Einkommenssteuer.
Mit Sorge blickt der Ökonom auf den protektionistischen Kurs des US-Präsidenten. Deutschland sei im besonderen Maße von Exporten in die USA abhängig. „Wenn der US-Präsident tatsächlich Zölle einführt, dann wird die EU mit eigenen Zöllen reagieren müssen. Das macht nicht nur vieles teurer, sondern ist auch eine fürchterlich schlechte Wirtschaftspolitik.“
Dementsprechend negativ blickt der IWH-Präsident auf das zukünftige Wirtschaftswachstum. Hier erwartet er in den kommenden Jahren kaum Zugewinne. Eben darum brauche es aber tiefgreifende Reformen: „Wenn wir mutig sind und Reformen durchführen, wird es uns in den nächsten zehn Jahren deutlich besser gehen“, so der Wirtschaftswissenschaftler.
Foto: Reint E. Gropp (Archiv), via dts Nachrichtenagentur