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Berliner SPD-Vorsitzkandidat Hikel fordert „wirkliche Umverteilung“

Berlin (dts) – Der Berliner SPD-Vorsitzkandidat und Neuköllner Bezirksbürgermeister Martin Hikel bekräftigt seine Kritik an der „Umsonst-Stadt“ Berlin. „In den letzten Jahren haben wir Geld mit der Gießkanne verteilt, ohne dass es qualitative Verbesserungen gab“, sagte Hikel der „Welt“ (Donnerstagsausgabe). „Beispiel Bildung: Wir haben sämtliche Gebühren abgeschafft, die früher einmal einkommensabhängig erhoben wurden.“

„Wir haben es aber nicht geschafft, im gleichen Atemzug das System so auszustatten, dass auch die Qualität stimmt und die Menschen ihre Kinder überall gerne in Schule und Kita schicken. Das wird jetzt zum Problem, weil die Haushaltsmittel knapp sind.“ Er sei sich sicher, „dass viele besserverdienende Eltern bereit wären, einen Beitrag zu leisten, damit die Qualität in Schule und Kita steigt und Erzieherinnen wegen Überlastung nicht so häufig ausfallen“. Davon würden alle Kinder profitieren. „Ein solches Solidarprinzip ist aus meiner Sicht mehr als notwendig – und finanzpolitisch vernünftig.“

Hikel sagte: „Fundamental für mich ist, dass uns eine wirkliche Umverteilung von oben nach unten gelingt – auf allen Ebenen. Das vermisse ich bei den bisherigen Glaubenssätzen in Berlin, denn das Gießkannenprinzip ist für Umverteilung ungeeignet.“ Als weitere Beispiele gegen Berlins bisherigen Kurs nannte er „das subventionierte 29-Euro-Ticket für den Nahverkehr, von dem ich als Bezirksbürgermeister genauso profitiere wie ein Geringverdiener“. Das sei „einfach ungerecht“, denn er könnte mehr zahlen.

„Oder nehmen Sie den Rückkauf von großen Wohnungsbeständen durch die öffentliche Hand. Die Mieter dort profitieren davon, aber wir haben kein Geld mehr, neuen bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.“ Deshalb sei er auch gegen pauschale Enteignungen, wie es der erfolgreiche Volksentscheid verlange. „Mit so etwas pumpt man Geld ins System, ohne das System selbst zu verändern. Unsere Analyse ist: Wir kommen mit der Umsonst-Stadt nicht weiter. Wir wollen besser werden – nicht nur kostenlos.“

Zur geplanten Wiedereinführung des 29-Euro-Tickets, die das zentrale Wahlversprechen der Berliner SPD zur Abgeordnetenhauswahl 2023 gewesen war, kündigte Hikel an: „Aktuell sind die Mittel nicht mehr da. Deshalb müssen wir die Umsetzung des 29-Euro-Tickets kritisch begleiten und notfalls gegensteuern. Der öffentliche Nahverkehr ist jetzt schon knackevoll. Wenn ich jetzt noch mehr Leute durch ein günstiges Ticket anlocke, bräuchte ich eigentlich mehr Kapazitäten und eine bessere Qualität des Angebots.“ Die Wiedereinführung zu stoppen, wäre allerdings „auch unseriös“, denn: „Viele haben ihre Tickets ja schon bestellt. Wir sind da in einer Lose-lose-Situation.“

Hikel erklärte, warum er eine Randbebauung des Tempelhofer Felds befürwortet: „Wir haben zwar viele Entwicklungsgebiete für Siedlungen am Stadtrand, uns fehlt aber Wohnraum in der Innenstadt. Wir sollten deshalb auch darüber sprechen, ob nicht einzelne Teile dieser riesigen Fläche mit günstigen Wohnungen bebaut werden können. Das bedeutet keinerlei Einbußen bei der Freizeitnutzung. Der Wohnungsmarkt in der Innenstadt ist total überhitzt, es ist geradezu ein Privileg geworden, hier zu wohnen.“

Foto: Prekariat (Archiv), via dts Nachrichtenagentur

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