Covid-19 sorgt weiterhin in vielen Branchen für erhebliche Finanzeinbußen. Einer der größten Verlierer ist der stationäre Handel, dem durch den Lockdown die Grundlage entzogen wurde. Dadurch weichen viele Shops verstärkt ins Internet aus. Im digitalen Raum ist der Handel durch die pandemischen Restriktionen im realen Leben regelrecht explodiert. Die einzelnen Online-Händler kommen kaum noch mit den Bestellungen hinterher und freuen sich derzeit über gigantische Umsätze. Die Geschäfte in den leeren Einkaufspassagen gucken dagegen in die Röhre.
Online-Bestellungen en masse
Der erste große Lockdown trat am 22. März 2020 in Kraft und sorgte für eine nie dagewesene Drosslung des bis dato alltäglichen Lebens. Neben den Einschränkungen im sozialen Leben war es vor allem die Wirtschaft, die angesichts der flächendeckenden Restriktionen vor einer enormen Herausforderung stand. Ein Umstand, der sich bis zum heutigen Tag nicht wirklich geändert hat. Seit
November 2020 befindet sich Deutschland erneut in einem Lockdown – ökonomisch ein Desaster. Allerdings nicht für jede Branche. Durch die Sperrung des Einzelhandels und der Einkaufsstraßen in der Bundesrepublik verschiebt sich das Shopping-Verhalten der Menschen noch stärker ins Internet. In der Konsequenz stieg das Auftragsvolumen im digitalen Raum explosionsartig. Nach einer Umfrage der Universität Bamberg unter 103 Online-Händlern wurden allein im Zeitraum von März bis August 2020 rund 17,4 Prozent mehr Sendungen als im Vorjahreszeitraum verschickt.
Dieser gigantische Anstieg machte zwar nicht vollends die Verluste der Unternehmen wett, dennoch hielt es den Online-Handel in vielen Bereich über Wasser. Eine ähnliche Entwicklung, die auch in der jetzigen Phase den Status quo repräsentiert und gerade aus Verbrauchersicht enormes Sparpotenzial ermöglicht. Da das Internet durch die Pandemie als einziger Distributionskanal herhalten muss, entsteht in vielen Bereichen eine enorme Konkurrenzsituation, die mit einer Vielzahl an Angeboten einhergeht. Dieses Volumen sorgt für verschiedene Sparmöglichkeiten. So sind gerade jetzt Rabattierungen und Sonderaktionen, aber auch Preisfehler ein Teil des Online-Handels.
Retouren nehmen zu
Das hohe Volumen an Online-Bestellungen setzt auch die Infrastruktur unter enormen Druck. Die vielen Pakte müssen schließlich an die Haushalte versendet werden. Es verwundert daher nicht, dass viele Logistikfirmen ihr Mitarbeiterkontingent erweitern mussten. Für den Arbeitsmarkt durchaus ein erfreuliches Zeichen, an der Umwelt werden die vielen zusätzlichen Auslieferungen jedoch nicht spurlos vorbeigegangen sein. Hier spielen nicht nur die Lieferungen selbst eine entscheidende Rolle, sondern auch die Retouren müssen einkalkuliert werden.
Gleichwohl die Retourenquote laut der Umfrage der Bamberger Universität während des ersten Lockdowns von 17,8 auf 15,9 Prozent gesunken sein soll, so zeigen die absoluten Zahlen ein gänzlich anderes Bild auf. Angesichts des Corona-Paketbooms seien zwischen März und August 2020 rund 315 Millionen Bestellungen zurückgeschickt worden. Im Jahr 2019 sollen es lediglich 301 Millionen Pakete gewesen sein.
Welche Bereiche profitieren?
Der Online-Handel ist so breitgefächert, dass nicht jede Branche gleichermaßen vom hohen Auftragsvolumen profitiert. Doch gerade durch die niedrige Retourenquote konnten einige Bereiche einen Mehrwert für sich schaffen und so mehr Umsatz erzielen. So hätten laut Studie vor allem Händler deutlich höhere Gewinne erzielen können, die in den Bereichen Einrichtung und Mode operieren. Von März bis August 2020 konnten etwa Unternehmen aus der Modebranche 13,76 Prozent mehr Pakte als im Vorjahreszeitraum verschicken. Die Quote der Retouren war dabei mit 6,32 Prozent überschaubar.
Die Zusammensetzung der Zahlen lässt sich damit erklären, dass die Verbraucher bei Modebestellungen eher gezielter online eingekauft hätte. Es wurden im Schnitt weniger Artikel beordert, wodurch Retouren unwahrscheinlicher wurden. Eine Entwicklung, die vor allem auf die Schließung der stationären Einkaufspassagen zurückzuführen ist. Da auch ältere Kunden, die bewiesenermaßen weniger im Internet shoppen als die jüngeren Generationen, durch die Restriktionen auf das Internet angewiesen waren, verschob sich letztlich auch das Einkaufsverhalten. Gerade der ältere Kundenstamm soll laut Studie deutlich seltener ein Paket zurückgeschickt haben.
Nicht zu unterschätzen ist in diesem Zusammenhang auch die Zurückhaltung der Konsumenten. Covid-19 hat für viele Menschen den Geldbeutel enger geschnürt. Dadurch wird genau geschaut, was gekauft wird. Im Umkehrschluss informieren sich Verbraucher im Vorfeld besser, bevor sie tatsächlich im Internet shoppen. Klassische Impulskäufe werden dadurch abgeschwächt.
Fitness für das Zuhause
Fitnessstudios und Sportvereine waren während des ersten Lockdowns geschlossen. Auch zum jetzigen Zeitpunkt können die Menschen nicht auf gewohnte Art und Weise Sport treiben. Auf einen körperlichen Ausgleich wird dennoch nicht verzichtet. Für die körperliche Ertüchtigung haben sich viele Menschen über das Internet Kraftsportartikel oder Fitnessgeräte gekauft.
So soll der Versandhändler Otto nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr einen gigantischen Auftragsanstieg für Kraftsportartikel verzeichnet haben. Der Verkauf von Heim- und Kraftsportgeräten sei im Gegensatz zu 2019 um 200 Prozent gestiegen. Getoppt werden kann dieser Wert nur von Bart- und Haarschneidern. Hier liege der Volumenzuwachs sogar bei 300 Prozent. Die Retouren sollen dabei so niedrig wie nie gewesen sein.
Modebranche mit vollen Regalen
Obwohl die Modebranche in puncto Online-Handel sehr gut aufgestellt ist, können die jeweiligen Unternehmen nicht ihr gesamtes Warenrepertoire via Internet verkaufen. Dafür sind einerseits die Bestände viel zu groß, andererseits ist die digitale Infrastruktur gar nicht für dieses Bestellvolumen ausgelegt.
Gerade in der zurückliegenden Wintersaison hörte man immer wieder, wie zahlreiche Händler ihre Waren nicht loswerden konnten. In der Konsequenz stapelte sich die saisonalen Artikel in den Lagern der Unternehmen. Nach Angaben vieler Experten würden so pro Tag über zehn Millionen Teile in den Depots liegen bleiben. Bis Ende Januar 2021 sollen sich auf diese Art und Weise bis zu einer halben Milliarde unverkaufter Modeartikel aufgetürmt haben.
Da die Unternehmen weiterhin versuchen werden, ihre Waren zu verkaufen, ergibt sich aus Verbrauchersicht ein äußerst profitabler Umstand. Februar und März gelten traditionell als Monate des Winterschlussverkaufs. Dieser wird durch die prekäre Marktsituation noch spendabler als ohnehin ausfallen. Großangelegte Sonderaktion und üppige Preisnachlässe prägen daher in vielen Unternehmen die momentane Online-Geschäftskultur. Wer also in den Wintermonaten nicht gewillt war, in eine neue Jacke oder wasserdichte Stiefel zu investieren, könnte in den nächsten Wochen und Tagen für sein zurückhaltendes Konsumverhalten belohnt werden.