Düsseldorf/Rheda-Wiedenbrück. Eigentlich hat das Land NRW „keinen Cent“ an den Fleischkonzern Tönnies im Zusammenhang mit dem Corona-Ausbruch im Stammwerk in Rheda-Wiedenbrück im Sommer 2020 zahlen wollen. Jetzt aber gibt es doch erste positive Bewilligungsbescheide für Lohnerstattungen von Mitarbeitern, die in diesem Zuge in Quarantäne geschickt worden waren. Das berichtet das in Bielefeld erscheinende WESTFALEN-BLATT.
Das NRW-Gesundheitsministerium spricht von Einzelfällen. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) als nachgeordnete Fachbehörde war per Erlass angewiesen worden, Anträge von Tönnies-Firmen und Dienstleistern auf Pflichtverletzungen des Arbeitgebers zu prüfen und dann abzuweisen.
Nach WESTFALEN-BLATT-Informationen hat der zuständige LWL für fünf Mitarbeiter der Tönnies-Techniktochter FSD Technical Services inzwischen Lohnkostenersatz nach dem Infektionsschutzgesetz bewilligt. In Summe soll es um einige tausend Euro gehen. Zugleich seien aber Anträge für rund 20 weitere Kollegen abschlägig beschieden worden, obwohl es keine unterschiedlichen Voraussetzungen in den Fällen gebe. „Für uns ist keine Linie zu erkennen. Diese unterschiedliche Behandlung der Anträge zeigt, wie absurd das Thema behandelt und wie willkürlich entschieden wird“, sagt Tönnies-Konzernsprecher André Vielstädte.
Das Unternehmen habe bereits gegen mehrere negative Bescheide Klage beim Verwaltungsgericht Minden eingereicht. Insgesamt geht es bei Tönnies und seinen Dienstleistern um Lohnkostenerstattungen für rund 4000 Beschäftigte, die sich im Zuge des Corona-Ausbruchs auf behördliche Anordnung zwischen zwei und sechs Wochen in Quarantäne begeben mussten. Die Gesamtsumme dürfte sich auf einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag belaufen. Für andere Standorte in Niedersachsen oder Sachsen-Anhalt habe Tönnies anstandslos Lohnerstattungen erhalten.
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hatte im Dezember erklärt, dass sein Ministerium klargestellt habe, „dass nicht die öffentliche Hand für die Kosten aufkommen wird“. Laumann sagte wörtlich: „Sie können sicher sein, dass die Behörden in Nordrhein-Westfalen freiwillig keinen Cent an Tönnies bezahlen werden.“ Das Ministerium stützt sich dabei auf ein eingeholtes Rechtsgutachten und stellte auch jetzt auf Anfrage nochmals fest: „Das Land bleibt bei seiner Haltung, dann keine Verdienstausfallentschädigung zu zahlen, wenn im Verhalten der Arbeitgeber Gründe dafür liegen, die zu einem Ausbruchsgeschehen geführt beziehungsweise diese maßgeblich begünstigt haben.“ Landesweit seien aktuell insgesamt rund 1000 Streitverfahren zu Lohnkostenerstattungen anhängig. Ein Teil davon betrifft den Corona-Ausbruch bei Tönnies.
PM/Westfalen-Blatt