Frankfurt. Der seit Mitte Dezember 2020 laufende harte Lockdown hinterlässt Spuren im Alltag vieler mittelständischer Unternehmen und Selbständiger. Rund 2,6 Mio. Mittelständische Unternehmen (68 %) kämpfen aktuell mit den Folgen der Corona-Pandemie, wie eine repräsentative Befragung von KfW Research auf Basis des KfW-Mittelstandspanels von Ende Januar 2021 zeigt.
Die Auswirkungen der Eindämmungsmaßnahmen treffen damit im Januar etwa 220.000 Unternehmen mehr als bei der letzten Befragung im September 2020, aber deutlich weniger als während des ersten Lockdowns vom April 2020 (450.000). Zu diesem Zeitpunkt waren 80 % der kleinen und mittleren Unternehmen von der Corona-Krise betroffen. Aktuell melden fast alle Wirtschaftsbereiche deutlich niedrigere Betroffenheit als im vergangenen Frühjahr, neben dem Verarbeitenden Gewerbe (71 % ggü. 84 %) und dem Bau (55 % ggü. 75 %) bemerkenswerterweise auch die Dienstleistungsunternehmen (67 % ggü. 80 %). Lediglich im Groß- und Einzelhandel tätige mittelständische Firmen spüren ähnlich starke Auswirkungen wie im ersten Lockdown (83 % ggü. 84 %).
Viele Unternehmen haben aus dem Vorjahr gelernt und mit Kreativität und Flexibilität Anpassungen bei ihren Geschäftsmodellen vorgenommen. Dieser (notgedrungene) Ideenreichtum zahlt sich jetzt aus. Zwar machen aus Nachfragerückgängen resultierende Umsatzeinbußen unter allen möglichen Lockdown-Folgen den Unternehmen nach wie vor am häufigsten zu schaffen. Der Anteil davon betroffener Unternehmen ist allerdings merklich gesunken und liegt nun bei 45 % (April 2020: 58 %). Parallel dazu sind auch Liquiditätsschwierigkeiten aktuell für einen geringeren Anteil der Mittelständler (33 %) ein Problem als im Frühjahr vergangenen Jahres (44 %). Dabei gibt jedes dritte mittelständische Unternehmen an, über liquide Mittel zu verfügen, mit denen es noch maximal zwei Monate überstehen würde (April 51 %). Sollte sich an der aktuellen Lage nichts ändern, verfügen weitere 35 % der Mittelständler derzeit noch über ausreichend Liquidität für zwei bis zwölf Monate, bis die Geschäftstätigkeit eingestellt werden müsste – ein noch komfortables Polster. 29 % melden sogar grundsätzlich ausreichende Reserven (19 %).
„Während der harte Lockdown den Mittelstand im Frühjahr kalt erwischte, gingen die Unternehmen besser vorbereitet in den aktuellen Lockdown“, resümiert Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „Viele haben aus den Erfahrungen des Vorjahrs gelernt und neben Geschäftsmodellen offensichtlich auch Kostenstrukturen angepasst. Zudem dürfte die wirtschaftliche Erholung im Sommer und Herbst geholfen haben, Liquiditätsreserven wieder aufzufüllen. Nicht zuletzt tragen auch die zahlreichen staatlichen Hilfsmaßnahmen dazu bei, im aktuellen Lockdown die Liquidität der Unternehmen zu stützen.“
Der aktuelle Lockdown hat anscheinend bis zum jetzigen Zeitpunkt auch die Kapitalstruktur der Unternehmen noch nicht weiter belastet. Die Einschätzungen zur Eigenkapitalausstattung haben sich im Vergleich zum Herbst nicht weiter verschlechtert. Aktuell rechnet etwa ein Drittel der KMU damit, dass seine Eigenkapitalquote unter dem Vorkrisen-Niveau liegt. Da die Eigenmittelausstattung der Mittelständler vor der Krise im Durchschnitt äußerst solide war, bleibt die Gefahr einer Überschuldung in der Breite des Mittelstands daher überschaubar.
Ein Großteil der Unternehmen (47 %) geht nach der aktuellen KfW-Befragung davon aus, dass die Folgen der Krise sie noch für lange Zeit begleiten werden. Im Durchschnitt erwarten diese Unternehmen eine Rückkehr ihrer Geschäftstätigkeit zum Vorkrisenniveau in rund 10,3 Monaten – vorausgesetzt, die weitere Pandemiebekämpfung verläuft erfolgreich. Dies entspräche ungefähr November 2021. 17 % der kleinen und mittleren Unternehmen allerdings erwarten, dass sie das Vorkrisenniveau nie mehr erreichen. Gegenüber Juni 2020 (hier wurde diese Einschätzung erstmals erhoben) ist dies ein deutlicher Anstieg um 8 Prozentpunkte.
Zum Gesamtbild gehört zudem, dass fast ein Drittel aller kleinen und mittleren Firmen in Deutschland bislang nicht durch die Folgen der Corona-Krise betroffen ist (29 %). „Positiv stimmt mich, dass unsere aktuelle Befragung ein fast überraschend stabiles Bild der Lage im Mittelstand zeichnet. Das spricht für die Anpassungsfähigkeit und den Ideenreichtum von Unternehmen in Deutschland. Es zeigt sich jedoch auch: Die zunehmende Dauer der Einschnitte infolge der Corona-Krise führt bei einer steigenden Zahl von Unternehmen zu Unsicherheit hinsichtlich der Weiterführung ihrer Geschäftstätigkeit“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „Das dürfte die ohnehin bereits länger andauernde Investitionszurückhaltung der Unternehmen weiter verstärken und zu Lasten von Innovationskraft und zukünftiger Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmenslandschaft gehen.“
PM/KfW